Argumente zur Durchsetzung eines
Nachteilsausgleichs
Stefan Matysiak/Holger Brecht/Karin Gille-Linne
Behinderung und Gleichstellung:
Grundlagen
Definition von Behinderung Behindert sind Menschen, wenn sie länger als 6 Monate eine körperliche, geistige oder seelische Beeinträchtigung haben, die vom Altersdurchschnitt abweicht und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt. Das Sozialgesetzbuch IX (ehem. Schwerbehindertengesetz) unterscheidet zusätzlich Schwerbehinderte, bei denen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vorliegen muss: § 2 (1) Menschen sind behindert, wenn ihre
körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit
mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für
das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am
Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung
bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
§ 2 (3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Viele Behinderungen sind für Außenstehende nicht sichtbar. Dies betrifft insbesondere innere Erkrankungen wie Organschäden oder Verschleißerscheinungen an Wirbelsäulen und Gelenken. Die Schwerbehinderteneigenschaft wird deshalb
nicht durch Inaugenscheinnahme, sondern durch den Schwerbehindertenausweis
nachgewiesen. Beim Schwerbehindertenausweis handelt es sich um eine offizielle
amtsärztliche Bescheinigung der staatlichen sog. Versorgungsämter;
der Ausweis begründet das Recht auf einen besonderen Schutz als Schwerbehinderte/r
(§ 68, SGB IX).
Behinderungsbedingte Nachteile Gesetzgeber und Sozialbehörden sind sich darüber einig, dass Schwerbehinderte in aller Regel mehr Zeit zur Wiederherstellung und Erhaltung ihrer Arbeitskraft benötigen. Bei körperlichen Beeinträchtigungen brauchen Schwerbehinderte für die Verrichtung bestimmter Aufgaben mehr Zeit als andere Menschen, sofern die Behinderungen nicht durch Hilfsmittel ausgeglichen werden können (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Hauptfürsorgestellen 1998: 12).
Behinderungsbedingte Einschränkungen können
auch bei einem Hochschulstudium deutliche Nachteile mit sich bringen.
Anzahl der betroffenen Studierenden An den deutschen Hochschulen leiden 13 % der Studierenden unter chronischen Erkrankungen, 2 % gelten als behindert. Dies bedeutet eine Gesamtzahl von 208.000 Studierenden mit körperlichen Beeinträchtigungen. Der Anteil entspricht etwa dem Anteil von Behinderten an der Gesamtbevölkerung. Bei den über 28-Jährigen steigt der Anteil auf 18 % (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 409ff.). Zahlen über den Anteil Schwerbehinderter an den zumeist noch etwas älteren Promovierenden liegen nicht vor. Genausowenig gibt es Zahlen, ob der Anteil behinderter Promovierender ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung entspricht. Ausmaß der Beeinträchtigungen Ob eine Gesundheitsschädigung Auswirkungen auf das Studium hat, hängt von der Art der Erkrankung ab. Atemwegserkrankungen und Allergien werden von den Betroffenen zumeist als nicht beeinträchtigend empfunden, psychische Erkrankungen oder Schädigungen des zentralen Nervensystems haben jedoch gravierende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 415f.). „Studierende mit einer Behinderung oder chronischen
Krankheit weisen keine einheitlichen Gruppenmerkmale auf. Die Schädigungsformen
sind uneinheitlich und führen in einem unterschiedlichen Maße
zu Studienbeeinträchtigungen. Bei der Mehrheit der Behinderten und
chronisch Kranken wirkt sich die gesundheitliche Schädigung nicht
negativ auf das Studium aus (61%). Bei den Studenten fällt die Quote
etwas günstiger aus als bei den Studentinnen (ohne Beeinträchtigung:
m.: 64%, w.: 57%).
Etwa ein Drittel der Behinderten und chronisch
Kranken sind derart beeinträchtigt, dass sich die gesundheitliche
Beeinträchtigung negativ auf das Studium auswirkt (Schnitzer/ Isserstedt/
Middendorff 2001: 413f.).
Behinderungen bedeuten so nicht nur für ArbeitnehmerInnen, sondern auch für Studierende eine besondere Mehrbelastung, die sich in einem „besonderen organisatorischen, zeitlichen und materiellen Aufwand“ äußert (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 416): „In ihrem Bestreben, im Studium erfolgreich zu sein, sehen sich Studierende mit gesundheitlichen Einschränkungen in mancher Beziehung vor besondere Schwierigkeiten gestellt. Diese zu überwinden, verlangt von den betroffenen Studierenden einen besonderen organisatorischen, zeitlichen und materiellen Aufwand. Gleichwohl gelingt es nicht in jedem Fall, die Beeinträchtigung zu kompensieren. Deshalb absolvieren diese Studierenden das Studium in vielen Fällen weniger komplikationslos als der Durchschnitt der Studierenden.“ Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen von
Schwerbehinderten und chronisch Kranken führen zu einer gegenüber
gesunden Studierenden deutlich erhöhten Zahl von Studienunterbrechungen.
Diese Unterbrechungen werden zumeist gesundheitlich begründet.
Abb. 1: Studienunterbrechungen bei Behinderten und chronisch Kranken: (Datenquelle: Schnitzer/Isserstedt/Middendorff 2001: 419) Jede/r zweite der stark sowie mehr als jede/r dritte der mittelmäßig beeinträchtigten Studierenden unterbricht zeitweilig aus Gesundheitsgründen bzw. zur Regeneration das Studium (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 419f.). Mit den Studienunterbrechungen wollen Studierende
sich angesichts von krankheitsbedingten Überbelastungen 'Luft verschaffen'.
Studienunterbrechungen sollen jene Regenerationspausen gewährleisten,
die während des Studiums nicht möglich sind.
Behinderte Studierende wechseln darüber hinaus
häufiger als nicht behinderte ihr Studienfach.
Auch ein Wechsel des Hochschulortes, der ebenfalls das Studium verlängert, ist bei behinderten Studierenden häufiger. „Dieser Hochschulwechsel tritt dann besonders oft auf, wenn eine mittlere oder starke Studienbeeinträchtigung durch die gesundheitlichen Probleme verursacht wird.“ (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 418.) Insgesamt benötigen Schwerbehinderte und
chronisch Kranke deutlich länger für ein Studium als andere Studierende.
Gerade bei Promovierenden ist wegen ihres zumeist höheren Alters von stärkeren Beeinträchtigungen auszugehen. „Erkennbare Zusammenhänge bestehen zwischen dem Alter der Studierenden und dem Grad der Studienbeeinträchtigung. Je älter die Studierenden sind, desto häufiger führen gesundheitliche Probleme zu einer Beeinträchtigung im Studium.“ (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 414.) Bei den über 30-jährigen ist bereits mehr als die Hälfte der Studierenden in irgendeiner Form durch dauerhafte Erkrankungen oder Behinderungen beeinträchtigt (Abb. 2). Abb. 2: Beeinträchtigungen behinderter und chronisch kranker Studierender (in %): (Datenquelle: Schnitzer/Isserstedt/Middendorff 2001: 415) Gemessen an allen Studierenden ihrer Altersgruppen dürfte danach auch für Promovierende im Alter von 28 Jahren und älter gelten, dass zwei bis drei Prozent von ihnen erheblich bei ihrer Arbeit beeinträchtigt sind. Davon ausgegangen, dass etwa der Anteil behinderter Promovierender in der Hans-Böckler-Stiftung dem Anteil behinderter Studierender an den deutschen Hochschulen entspricht, müssten dort von den derzeit 378 geförderten Promovierenden (Hans-Böckler-Stiftung 2001: 38) rein rechnerisch etwa 10 von erheblichen Beeinträchtigungen betroffen sein.
Die rechtlichen Regelungen sehen in Deutschland für die Arbeitswelt einen umfassenden Schutz der Interessen Schwerbehinderter vor. Mit Hilfe dieser Regelungen sollen die behinderungsbedingten Nachteile wenigstens zum Teil ausgeglichen werden. Dieser Ausgleich wird nicht als Vergünstigung, sondern als Nachteilsausgleich betrachtet (Arbeitsgemeinschaft der deutschen Hauptfürsorgestellen 1998: 12). Dieser Nachteilsausgleich erfolgt, um Behinderten jene Chancengleichheit zu gewähren, die aus der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen sowie dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes abgeleitet werden. Im Arbeitsleben wird öffentlichen und privaten Arbeitgebern aufgrund dieser grundgesetzlichen Regelungen eine besondere Fürsorgepflicht etwa bei der Schaffung angemessener Arbeitsbedingungen zugewiesen (etwa Abs. 5 der Nds. Schwerbehindertenrichtlinien; andere Länder entsprechend). Bei Einstellungen haben Arbeitgeber behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen, indem Behinderte bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden (etwa Art. 3.3. der Nds. Schwerbehindertenrichtlinien). Daneben besteht eine Beschäftigungspflicht von schwerbehinderten Menschen (§ 71 und 73 SGB IX). Wegen ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit
und der notwendigen längeren Erholungspausen sieht das Sozialgesetzbuch
für schwerbehinderte ArbeitnehmerInnen einen Zusatzurlaub vor (§
125 SGB IX).
Für Behinderte ist es besonders wichtig, eine möglichst gute Schul- und Berufsbildung zu bekommen, um trotz der Behinderung einigermaßen gute Berufs- und Lebenschancen zu bekommen. „Sie haben den selben Anspruch auf eine ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Bildung wie nichtbehinderte Menschen.“ (Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2001.) Der aus dem Grundgesetz abgeleitete Nachteilsausgleich ist von Studentenwerken sowie von Kultusminister- und Hochschulrektorenkonferenzen als Handlungsrahmen allgemein akzeptiert und in das Hochschulrahmengesetz aufgenommen worden. „Nach § 2 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes
des Bundes (in der Fassung vom 20.08.1998) und nach den entsprechenden
Bestimmungen der Hochschulgesetze der Länder gehört es zu den
Aufgaben der Hochschulen, die besondere Bedürfnisse behinderter Studierender
angemessen zu berücksichtigen. Der gesetzliche Auftrag entspricht
dem Rechtsanspruch von Menschen mit Behinderung und chronischer Krankheit
auf Chancengleichheit auch im Bereich der Hochschulausbildung. Er geht
von dem Grundsatz aus, dass das Studium an einer Hochschule auch jedem
behinderten Menschen offen stehen muss, der die dazu erforderlichen Voraussetzungen
und Fähigkeiten mitbringt.“ (Unterstell/ Reiners 2001)
Verbesserungen der Studienbedingungen Die Hochschulgesetze sehen zum Ausgleich des Nachteils, den eine Behinderung bedeutet, die Schaffung angemessener Studienbedingungen vor: "Die Hochschulen berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse behinderter Studenten und Studentinnen und treffen in allen Bereichen die erforderlichen Maßnahmen zur Integration der behinderten Studenten und Studentinnen. Für die Durchführung des Studiums und der Prüfung sind geeignete Maßnahmen zu treffen, die unter Wahrung der Gleichwertigkeit einen Nachteilsausgleich gewährleisten." (§ 4 Abs. 6 Berliner Hochschulgesetz.) Nachteilsausgleich durch verlängerte Bearbeitungszeiten bei Prüfungen Die bei Behinderten längeren Erholungszeiten und die längeren Bearbeitungszeiten haben dazu geführt, dass die Hochschulrektorenkonferenz 1994 etwa in den „Allgemeinen Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen -Fachhochschulen- (ABD-FH)“ eine Regelung beschlossen hat, wonach Behinderte längere Prüfungs- und Studienzeitungen in Anspruch nehmen können. „Macht der Kandidat glaubhaft, daß er wegen lang andauernder oder ständiger körperlicher Behinderung nicht in der Lage ist, Prüfungsleistungen ganz oder teilweise in der vorgesehenen Form abzulegen, so wird dem Kandidaten gestattet, die Prüfungsleistungen innerhalb einer verlängerten Bearbeitungszeit oder gleichwertige Prüfungsleistungen in einer anderen Form zu erbringen. Dazu kann die Vorlage eines ärztlichen Attests verlangt werden. Entsprechendes gilt für Studienleistungen.“ (§ 6, Abs. 2, ABD-FH.) Nachteilsausgleich bei verlängerten Studienzeiten Für Behinderte gibt es derzeit keine Gesetze oder Gebührenordnungen, die einen Nachteilsausgleich schaffen. Spätestens bei der Begrenzung von Studienzeiten durch Studiengebühren werden derartige Regelungen notwendig. Derzeit macht die Ermöglichung einer längeren Studienzeit jedoch nur dann Sinn, wenn sie den Behinderten erlaubt, ein längeres Studium auch zu finanzieren. Das BaföG-Gesetz sieht deshalb im § 15 Abs. 3 Nr. 5 BAföG eine Erhöhung der Förderungshöchstdauer vor: „Über die Förderungshöchstdauer hinaus wird für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen, infolge einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu fünf Jahren überschritten worden ist.“ Diese durch das BAföG ermöglichte Studienverlängerung gilt nicht nur für Behinderte, sondern auch für chronisch Kranke, die nicht im Besitz eines Schwerbehindertenausweises sind. „Die Verlängerung der Förderung ist auch aus anderen schwerwiegenden Gründen möglich (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG). Eine Krankheit kann ein solcher Grund sein.“ (Unterstell/ Reiners 2001, Kap. IX, 1.2.) Die Frage, wer als ausreichend krank oder behindert gilt, um einen Nachteilsausgleich im Sinne des BAföG zu erhalten, wird einerseits analog der außerhalb der Unis gelten Regelungen beantwortet: Bei der Gewährung von BaföG-Leistungen gehen die BaföG-Ämter deshalb davon aus, dass der Nachteilsausgleich (sprich: Erhöhung der Förderungshöchstdauer) durch den Schwerbehindertenausweis nachgewiesen wird. „Bei der Feststellung der Behinderung geht das Amt für Ausbildungsförderung […] vom Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes bzw. vom vorliegenden Schwerbehindertenausweis aus.“ (Unterstell/ Reiners 2001, Kap. IX, 1.2.) Im Einzelnen wird von den BAföG-Ämtern
ein Nachteilsausgleich in den folgenden (beispielhaft genannten) Fällen
gewährt:
Weil insbesondere chronisch Kranke nicht immer
einen Nachweis durch den Schwerbehindertenausweis erbringen können,
kann dieser Nachweis ggf. durch ein fachärztliches Gutachten erfolgen.
Gleichstellungsforderungen für die Promotionsförderung Die grundgesetzlich abgeleitete Verpflichtung,
an den Universitäten für einen Nachteilsausgleich zu schaffen,
gilt eigentlich auch für die Promotionsförderung, obwohl besondere
Regelungen etwa zur Verlängerung der Förderungshöchstdauer
hier bislang nicht erlassen worden sind. Das Fehlen dieser Regelungen zum
Nachteilsausgleich stellt eine Diskriminierung Behinderter dar.
Regelungen zur Förderungshöchstdauer Wie behinderte Studierende benötigen auch behinderte Promovierende zur Erhaltung bzw. Wiederherstellung von Gesundheit und Arbeitskraft mehr Zeit, was zu einer Erhöhung der Promotionsdauer führt. Eine Regelung für die Promotionsförderung, die wie bei der Studienförderung einen Nachteilsausgleich für eine Behinderung oder chronische Erkrankung bieten will, müsste eine Finanzierung dieser erhöhten Promotionszeit gewährleisten. In der Promotionsförderung ist derzeit keinerlei Regelung vorgesehen, die dem höheren Zeitaufwand von Behinderten/chronisch Kranken durch eine Erhöhung der Förderdauer Rechnung trägt. Die Betroffenen haben wie ihre voll leistungsfähigen KollegInnen innerhalb von maximal drei Jahren fertig zu werden. Anzustreben ist mindestens eine Gleichbehandlung mit den Erziehungsausgleich für Eltern. Für das normale Studium sieht das Bundesausbildungsförderungsgesetz Studienverlängerungen bei „einer Behinderung, einer Schwangerschaft oder der Pflege und Erziehung eines Kindes bis zu fünf Jahren“ vor (§ 15, Abs. 3 (5) Bafög). Bei der Gewährung eines Promotionsstipendiums führt jedoch lediglich die Doppelbelastungen durch eine Kindeserziehung bislang zu einer Verlängerung um 1 auf maximal 4 Förderjahre, ohne das auch Behinderte eine solche Verlängerung erhalten können. Eine Anpassung der Förderungshöchstdauer
an den Nachteilsausgleich für Mütter würde für behinderte
und chronisch kranke Promovierende bedeuten, dass bei diesen wie bei Erziehenden
die Förderungshöchstdauer auf 4 Jahre erhöht wird. Die Bestimmung
des Betroffenenkreises müsste entsprechend den Regelungen des BaföG-Gesetzes
zu erfolgen.
Stipendiumszuschlag als Nachteilsausgleich Promovierende haben wie alle Studierenden einen erhöhten Unterhaltsbedarf. Für Studierende gilt: „Das in der Grundtendenz etwas problematischere Urteil der Studierenden mit beeinträchtigter Gesundheit über ihre finanzielle Lage hängt mit den notwendigen Mehrausgaben zusammen, die krankheitsbedingt zu tragen sind. Gesundheitlich eingeschränkte Studierende haben im Durchschnitt höhere monatliche Gesamtausgaben als Studierende ohne Schädigung.“ (Schnitzer/ Isserstedt/ Middendorff 2001: 422.) Die negative Auswirkungen auf den Unterhaltsbedarf verstärken „sich unter den Studierenden mit einer gesundheitlichen Einschränkung in dem Maße, wie die gesundheitlichen Probleme eine Beeinträchtigung im Studium hervorbringen.“ (Schnitzer/Isserstedt/Middendorff 2001: 422.) Der erhöhte Lebensaufwand von behinderten Promovierenden sollte zu einem Stipendiumszuschlag führen, der ähnlich wie die derzeit gewährten Zuschläge für die Kinderbetreuung den Mehraufwand pauschal abdeckt. Zu den Voraussetzungen der Verlängerungen
der Promotionsförderung gehört, dass die Promotion in der Regelförderungszeit
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abgeschlossen werden kann.
Wenn aber Behinderte typischerweise länger brauchen, dann führt
das Kriterium dazu, dass ihre Aufnahmechancen sinken. Die HBS wäre
daher gehalten, ihre diesbezüglichen Aufnahmekriterien diskriminierungsfrei
zu gestalten.
Regelungen zum Höchstalter für die Aufnahme in die Promotionsförderung Schwerbehinderte brauchen für ihr Studium länger, sie beginnen deshalb auch später mit der Promotion. Für die Promotionsförderung muss deshalb gelten: Um den besonderen Schwierigkeiten Behinderter Rechnung zu tragen, wären die vorhandenen Förderrichtlinien zum Höchstaufnahmealter (Bundesministerium) nach oben anzupassen. Nachteilsausgleiche analog der Arbeitswelt Der in aus Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz gegebene Auftrag an den Staat, auf die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen hinzuwirken, führte zu einer Vielzahl von arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen, die als Beispiel für einen Nachteilsausgleich in der Promotionsförderung dienen können. Aus dem Arbeits- und Sozialrecht sind dies insbesondere Regelungen zur Beschäftigungspflicht und über eine wohlwollende Begutachtung, die den Anteil von Behinderten auf dem Arbeitsmarkt erhöhen und so eine gleichberechtigte Teilhabe von Behinderten auf dem Arbeitsmarkt sicherstellen sollen. Bei der Promotionsförderung handelt es sich zwar nicht um eine arbeitsrechtliche oder sozialrechtliche Beziehung, die für die Arbeitswelt mit Art. 3 GG begründeten Regelungen können jedoch als Beispiel für Verbesserungen in der Promotionsförderung gelten. a) Erhöhung der Zahl der Behinderten
b) Begutachtung der Aufzunehmenden
Anpassung anderer Fristenregelungen Zu den weiteren Leistungen der Hans-Böckler-Stiftung, die an die Einhaltung von Fristen gebunden sind, gehören Vergünstigungen bei rechtzeitiger Abgabe der Promotionsschrift. Das Praktika-Programm ermöglicht in diesen Fällen die Gewährung eines 12-monatigen Praktikums, dass als sog. Kombi-Lohn gewährt wird. Dabei wird ein Zuschuss in Höhe einer halben BAT II-Stelle gezahlt (Hans-Böckler-Stiftung 2002: 1). Hier ist sicher zu stellen, dass krankheitsbedingte Auszeiten und behinderungsbedingte Verzögerungen nicht zu einem diskriminierenden Ausschluss von fristgebundenen Vergünstigungen führen. Zusammenfassung
der Forderungen
Behinderte und chronisch Kranke haben theoretisch per Gesetz einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich. Diesen Nachteilsausgleich bekommen zwar bislang Studierende, nicht jedoch Promovierende. Eine Gleichstellung von behinderten und chronisch kranken Promovierenden würde bedeuten, dass
Allgemeine Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen -Fachhochschulen, zit. n. KMK-Empfehlung Nr. II.2, Hrsg. v. Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn, den 05.05. 1995. Bericht zum Stand der Umsetzung der KMK-Empfehlung „Verbesserung der Ausbildung für Behinderte im Hochschulbereich“ vom 25. Juni 1982. (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 8.9.1995). In: Unterstell/Reiners 2001. Arbeitsgemeinschaft der deutschen Hauptfürsorgestellen (Hg.) (1998): ABC der Behindertenhilfe. Handbuch für Schwerbehindertenvertretungen, Beauftragte des Arbeitgebers, Betriebs- und Personalräte. 6. Auflage, Mannheim. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Referat Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation (Hg.) (2001): Behinderte MENSCHEN sind ein Teil des Ganzen. Stand: Juli 2001. Bonn. Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1999): Gutachtenleitfaden. Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (2001): Jahresbericht 2000. Düsseldorf. Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (2002): Richtlinien für das Praktika-Programm (Stand: August 2002). Düsseldorf. Rembert Unterstell/Heidi Reiners (2001): Studium und Behinderung. Informationen des DSW für Beauftragte für Behindertenfragen und Beraterinnen und Berater bei Hochschulen und Studentenwerken. Hrsg. v. Deutschen Studentenwerk, Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung. Bonn 2001 (http://www.studentenwerke.de/beratun/kapitel1-4a.pdf). Schnitzer, Klaus/Wolfgang Isserstedt/Elke Middendorff
(2001): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in der Bundesrepublik
Deutschland 2000. 16. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, durchgeführt
durch das Hochschul-Informations-System. Herausgegeben vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung. Bonn (http://www.bmbf.de/pub/wslsd_2000.pdf)
Abkürzungen |
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ABD-FH | Allgemeine Bestimmungen für Diplomprüfungsordnungen -Fachhochschulen |
BT-Drs. | Bundestagsdrucksache |
GG | Grundgesetz |
HBS | Hans-Böckler-Stiftung |
SGB IX | Neuntes Sozialgesetzbuch |